Aufgelesen und kommentiert 2018-06-27

/ Ein-Verdiener-Haushalt immer öfter von Armut betroffen
/ Kindergelderhöhung wird auf Hartz IV angerechnet
/ Erhöhung des Mindestlohns: Kein Schutz vor Armut
/ Bayern: Gewerkschaften schreiben Bedingungen im Nahverkehr auf Jahre hinaus fest
/ Bundesarbeitsminister Heil (SPD) begrüßt vorgeschlagene Mindestlohn-Erhöhung
/ Georg Schramm: Zur Lage der Welt
/ Unterwegs mit dem Bankenrettungswagen
/ Stuttgart: Erste Diesel-Fahrverbote für Anfang 2019 erwartet
/ Bundesinnenministerium fordert WhatsApp-Überwachung und mehr
/ Nein zum neuen Polizeigesetz NRW
/ Sondersitzung in Den Haag ist Angriff auf Neutralität der OPCW
/ Albanien lehnt EU-Flüchtlingslager im eigenen Land ab
/ BILD-Redaktion evakuiert, weil Flüchtling an Axel-Springer-Hochhaus vorbeiging
/ Deutschland 2018

So denn, Deutschland soll rausgeflogen sein aus der WM? Gut so. Somit kann man sich wieder um die gesellschaftlich wichtigen Themen kümmern

Ein-Verdiener-Haushalt immer öfter von Armut betroffen
„Das früher weitverbreitete Ein-Verdiener-Modell, bei dem der Vater arbeitet und die Mutter die Kinder betreut, reicht vielfach nicht mehr aus, um Kindern ein finanziell abgesichertes Aufwachsen zu ermöglichen. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung hervor, die an diesem Mittwoch vorgestellt wird“, berichtet das ehemalige Nachrichtenmagazin.

Und weil es eine Bertelsmann-Studie ist, fordert man natürlich nicht, dass es eine gesellschaftliche Mindestteilhabe geben muss, sondern stattdessen dass die Frau dann eben auch arbeiten soll. „Müttern muss es erleichtert werden, arbeiten zu gehen“, wird der Bertelsmann-Vorstand Dräger zitiert.

Inzwischen weiss zwar jeder, dass es nicht genug existenzsichernde Arbeitsplätze gibt – aber hey: Wenn man noch mehr Menschen zur billigsten Zwangsarbeit prügeln kann, steht die Bertelsmann-Klitsche natürlich sofort parat und stellt entsprechende „Arbeitsmodelle“ vor. Denn eine Debatte darüber, warum das „Ein-Verdiener-Modell“ nicht mehr ausreicht und ob die Regierungsarbeit von CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE daran schuld ist, wenn zeitgleich die Vermögen der obersten 10 Prozent explodieren – darüber soll nicht diskutiert werden. Und deswegen fordert Bertelsmann den Arbeitszwang für Frauen – und der stets kritische und seriöse SPIEGEL druckt es kritiklos ab.

Kindergelderhöhung wird auf Hartz IV angerechnet
Muss man nicht weiter kommentieren.

Erhöhung des Mindestlohns: Kein Schutz vor Armut
Nachdem ich die „Erhöhung“ gestern bereits lächerlich gemacht hatte, hier ein seriöser Kommentar zum Thema – der aber unterm Strich auch nur dasselbe aussagt

Aber was sagen eigentlich die Gewerkschaften zu diesem Mindestlohn Armutslohn? Schliesslich sitzen sie ja in der „Mindestlohnkommission“ mit drin und haben lachend zugestimmt.

Nun ja, bevor sie sich an den Verhandlungstisch setzten, forderten sie lautstark einen „ordentlichen Zuschlag“ und veröffentlichen Tabellen, dass man vom Mindestlohn in 19 von 20 deutschen Großstädten nicht leben kann. Aber als die Konzernlobby sich mit an den Verhandlungstisch setzte, wurden die selbsternannten Arbeiterführer plötzlich ziemlich kleinlaut. „Für die da unten zählt jeder Cent“, so deren Aussage. Ausserdem darf man ja „die Wirtschaft nicht überfordern“, so deren Tenor. Und sie rissen allen Mut zusammen, indem sie bei CDU/CSU und SPD nach mehr Mindestlohn-Kontrollen bettelten. Das wars.

Und als dann die Abstimmung über die neue Mindestlohn-Höhe erfolgte, feiert man exakt die 9,19 Euro als Erfolg, die vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) als „gerade noch akzeptabel“ vorgelegt wurden. Glaubt ihr nicht? Dann lest selber. Stellt euch aber vorher einen Kotzeimer bereit.

Früher waren Gewerkschaften mal eine politische Macht, vor der man zurückschreckte. Heute nennt man sie nur noch lachend „Sozialpartner“, wohlwissend dass die Bezeichnung als „Kapitalistenpartner“ viel näher an der Realität wäre.

Dazu passt auch:

Bayern: Gewerkschaften schreiben Bedingungen im Nahverkehr auf Jahre hinaus fest
LESEBEFEHL für jeden gewerkschaftlich organisierten Lohnabhängigen.

Wie Klassenkampf tatsächlich aussehen müsste, beschreibt ein Journalist hier (klick) und betitelt dieses Szenario als „revolutionären Traum“. Denn statt in diesem Traum leben wir im Kapitalismus mit seinem (Zitat) „privatwirtschaftlichen Verlegermodell, das ausschließlich auf Profitmaximierung angelegt ist.“

Bundesarbeitsminister Heil (SPD) begrüßt vorgeschlagene Mindestlohn-Erhöhung
„Die Erhöhung in zwei Stufen mache 2,4 Prozent pro Jahr aus, was „eine richtige Steigerung“ sei. Er werde dies nun „mit Vergnügen“ in einer Verordnung umsetzen“, wird der SPD-Arbeitsminister zitiert.

Das muss diese SPD-Erneuerung sein, über die sie ständig reden

Georg Schramm: Zur Lage der Welt
20 Minuten Klartext.

Unterwegs mit dem Bankenrettungswagen
„Wenn im Hauptquartier das Alarmsignal ertönt, müssen Fritz und seine Kollegen sofort in ihren Bankenrettungswagen ausrücken, um überraschenden Insolvenzen zuvorzukommen. Die Wagen sind im Grunde herkömmliche Geldtransporter mit Blaulicht und Sirene, die sich im Ernstfall auf den Weg machen, um notleidende Banken mit Sozialhilfegeldern zu versorgen.

„Es ist oft ein verzweifelter Kampf mit den Bilanzen. Wenn dringend Millionen-Bonuszahlungen oder Manager-Gehälter in astronomischer Höhe benötigt werden, sind wir zur Stelle“, versichert Fritz und poliert mit sichtlichem Arbeitseifer die Messingteile an den Rettungswagen, bis sie glänzen. Der ehemalige Langzeitarbeitslose zeigt sich nach all den Jahren überglücklich über die neue Beschäftigung, auf die er mächtig stolz ist, obwohl er kaum mehr verdient, als die Mindestsicherung beträgt.“ Weiterlesen…

Stuttgart: Erste Diesel-Fahrverbote für Anfang 2019 erwartet
Und im Bericht ist alles enthalten, was das politische Marionettentheater so unglaubwürdig macht.

Die GRÜNEN, die jedes Fahrverbot mit Verfahrenstricks verhindern wollen („müssen noch die Gebiete klären lassen“) und sich nur wegen einem anstehenden Gerichtsurteil (!) um die Gesundheit der Menschen kümmern.

Eine CDU, die nach hunderten Ausnahmen sucht (Bus, Handwerker, Lieferservice, Paketdienste, Anwohner und deren Besucher, Beschäftigte und Kunden der Geschäftsmeile, Durchreisende, Autos ab Baujahr 2012, usw.), um weiterhin Profit vor Gesundheit herrschen zu lassen.

Eine SPD in Baden-Württemberg, die wie die Rohrspatzen schimpfen, obwohl zeitgleich eine SPD in Niedersachsen ihre Redebeiträge vorab vom VW-Vorstand absegnen lassen muss – und darin auch gar keinen Skandal sieht („Machen doch alle so“). Und als ob deren Glaubwürdigkeit damit nicht schon auf dem Nullpunkt steht, fordern sie in Baden-Württemberg auch noch genau die Hardware-Nachrüstungspflicht, die sie als Mitglied der Bundesregierung auf die lange Bank schieben.

Und abschliessend schnappatmet da noch eine FDP herum, die von einer „sich von den GRÜNEN über den Tisch ziehen lassende CDU“ schwadroniert und überhaupt nicht verstanden hat, dass das höchstrichterliche Urteil eines Bundesgerichts der wahre Grund ist.

Bundesinnenministerium fordert WhatsApp-Überwachung und mehr
Telekommunikations-Überwachung, Online-Durchsuchung, Nutzerdaten-Auskunft von Kommunikations-Anbietern und verdeckter Überwachung von Internet-Telefonate – das alles ist noch längst nicht genug. „Wie Staatssekretär Hans-Georg Engelke ausführt, hält man es in dem Ministerium für längst überfällig, im Bezug auf Online-Durchsuchungen und Überwachung von Messenger-Kommunikation (z.B. WhatsApp) den Sicherheitsbehörden weitreichendere Befugnisse zu erteilen. „Wenn Online-Durchsuchungen zur Strafverfolgung zulässig sind, dann müssen sie eigentlich für Gefahrenabwehr auch zulässig sein“, formuliert Engelke die aktuelle Sicht des Ministeriums“, berichtet Winfuture.

Joah und welche Erfolge soll es bringen, wenn die „Sicherheitsbehörden“ ihre rechtsextremen Kumpels vom NSU gewähren lassen? Welche Überwachung hat denn da noch gefehlt, um die Verbrecher festzunehmen? Oder bei Anis Amri?

Aber hey: Wie soll da auch Logik herrschen, wenn die gesamte Veranstaltung unter der Präsidentschaft des ehemaligen CDU-Innenpolitikers Wolfgang Bosbach stattfindet? Da kann es nur Forderungen fernab der Realität geben. Und damit nicht genug, geben sich diese Feinde der Bürgerrechte auch noch den Namen „Kongress für wehrhafte Demokratie“ Und ich dachte immer, eine wehrhafte Demokratie wäre es, wenn die Opposition nicht unterdrückt wird, es keine Willkürherrschaft geben kann und die Bürgerrechte geachtet werden. So hatte es jedenfalls das Bundesverfassungsgericht geurteilt. Aber was interessiert das schon einen Verfassungsfeind?

Und ausserdem: Die staatliche Stelle zur Finanzierung und Bewaffnung von Neonazi-Hochburgen heisst hierzulande ja schliesslich auch „Verfassungsschutz“. Warum also nicht auch eine Veranstaltung, die den Weg in die Willkürherrschaft fordert, als „Kongress der wehrhaften Demokratie“ bezeichnen?

Nein zum neuen Polizeigesetz NRW
„Die NRW-Landesregierung plant eine massive Verschärfung des Polizeigesetzes. Noch vor der parlamentarischen Sommerpause soll diese ohne große Diskussion verabschiedet werden. Diese Verschärfung hebelt grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und Gewaltenteilung aus. Das neue Polizeigesetz ermöglicht es, Menschen auch ohne konkreten Verdacht anzuhalten und zu durchsuchen, bis zu einen Monat in Präventivgewahrsam zu nehmen oder mit Hausarrest zu belegen. Sie soll Smartphones hacken dürfen, um Messenger wie WhatsApp mitzulesen – nicht nur von vermeintlich verdächtigen Personen, sondern auch in deren sozialem Umfeld.

Betroffen von diesen Eingriffen in Grundrechte sind potentiell alle Menschen. Es reicht schon, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Doch muss klar sein: manche wird es früher und härter treffen als andere – nämlich diejenigen, die bereits besonderes Ziel polizeilicher Eingriffe sind: Ausländer, Streikende, Gewerkschafter und andere politisch Aktive, sowie auch Fussballfans werden diese polizeilichen Unterdrückungsbefugnisse verstärkt zu spüren bekommen.“ Weiterlesen…

Sondersitzung in Den Haag ist Angriff auf Neutralität der OPCW
Es war klar, dass nach dem peinlichen Auffliegen der ganzen Giftgas-Fakes und dem noch lächerlicheren Skripal-Fall die NATO-Lobby nun das vergleichsweise neutral untersuchende OPCW zu zerstören versucht. Seit der Propaganda der „Brutkästen“ und „Massenvernichtungswaffen“ flog der Wertewesten ja nur noch mit Lügen auf. Das muss sich ändern!

Äh wie jetzt? Das mit dem Lügen muss sich ändern? Nein, das mit dem Aufdecken der Lügen natürlich. Deshalb wird nun das OPCW auf Linie gebracht.

Albanien lehnt EU-Flüchtlingslager im eigenen Land ab
„Wir werden niemals solche EU-Flüchtlingslager akzeptieren“, erklärte Ministerpräsident Edi Rama. Er sei grundsätzlich dagegen, „verzweifelte Menschen irgendwo abzuladen wie Giftmüll, den niemand will“. Dies gelte auch dann, wenn seinem Land als Gegenleistung ein EU-Beitritt in Aussicht gestellt werde.“

Eine tolle Aussage in Zeiten, in denen überall der rechtsbraune Toiletteninhalt überschwappt

BILD-Redaktion evakuiert, weil Flüchtling an Axel-Springer-Hochhaus vorbeiging
Ist das überhaupt noch Satire?

Und zu guter Letzt:

Deutschland 2018
….

Ein Gedanke zu „Aufgelesen und kommentiert 2018-06-27“

  1. -> Deutschland 2018
    Stuttmann wird wohl noch auf Jahrzehnte hinaus genug Grund zum Zeichnen haben.
    Denn von den 63 Punkten zu dem sog. Masterplan sind ja erst 3 bekannt.
    – Errichtung von Konzentrationslager
    – Sachleistungen statt Bargeldbeträge
    – dieses „grandiose“ Ablenkungsmanöver v.w. Zurückweisungen

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