Aufgelesen und kommentiert 2017-04-19

/ Viele Beschäftigte werden um den ohnehin kargen Mindestlohn betrogen
/ Abweichklausel: IG Metall stimmt Leiharbeit bis zu 48 Monate zu
/ Die kapitalistische Qualitätsjournaille und die „Steuertricks“ der Konzerne
/ Auf Nachfrage: Regierung kennt keine einzige strafbare „Fake-News“
/ Dobrindts Beirat warnt vor privaten Beteiligungen an Autobahnen
/ Berlin plant Videoüberwachung für 250 Mio. Euro in alten S-Bahnen
/ Berlin: Rot-Rot-Grün setzt Abschiebungen fort
/ Jedes zweite Flüchtlingskind in Deutschland lebt in Armut
/ Syriens traumatisierte Kinder
/ Bundesregierung rechnet Entwicklungszusammenarbeit schön
/ Religiöser Fanatiker ruft Gottesstaat in Rom aus

Viele Beschäftigte werden um den ohnehin kargen Mindestlohn betrogen
44 Prozent der Befragten gaben Verstöße gegen den Mindestlohn an. ARD „Monitor“ zeigt Beispiele aus der Gastronomie, dem Taxigewerbe und der Gebäudereinigung: „Eine Studentin erzählt, bei einem ihrer Jobs als Kellnerin nur 6 Euro die Stunde erhalten zu haben. Zwei Probetage seien unbezahlt geblieben. Urlaubszeit habe es nicht gegeben, außerdem habe sie unbezahlte Mehrarbeit geleistet. Eine andere typische Mini-Job-Branche ist das Taxifahren. Ein Fahrer erzählt, den Mindestlohn für 8 Stunden Arbeit täglich zu erhalten. Problem allerdings: Er kommt tatsächlich auf 10 bis 12 Stunden jeden Tag. Notiert werden davon nur 8 Stunden. Bis zu 50 Prozent der realen Arbeitszeit bleiben somit quasi unbezahlt.

Verstöße gegen die Mindestlohn-Regelung sind also nicht die Ausnahme, wie es Bundesregierung und Arbeitsministerium im Einklang mit den Arbeitgebern gern hätten. Sie sind beinahe die Regel. „Monitor“ sieht einen Grund für die Verstöße in mangelnden Kontrollen durch den Zoll.2014 betrug die Zahl der Überprüfungen noch 63.000. Mit Einführung des Mindestlohnes im darauf folgenden Jahr sank sie auf 43.000.“

Unnötig zu erwähnen, dass es auf Wunsch der SPD (!) keinerlei spürbare Strafen für die Chefs gibt, wenn sie ihre Beschäftigten vorsätzlich um den Mindestlohn betrügen.

Aber hey: Bald kommt ja Martin Schulz. Dann wird alles wieder gut.

Abweichklausel: IG Metall stimmt Leiharbeit bis zu 48 Monate zu
Sogar die Bundesregierung hat dieses Lohndumping über billige Leiharbeiter inzwischen auf maximal 18 Monate pro Person gedeckelt – was trotzdem noch viel zu lang ist. Die IG Metall aber sagt, dass sich die Kapitalisten dann auf dem Rücken der Beschäftigten nicht mehr genug in die eigene Tasche stopfen können (sieht man ja auch an den kargen Managergehältern bei VW und so) und haben in ihrem Tarifvertrag eine Klausel eingebaut, diese Ausbeutungszeit auf satte vier Jahre (!) zu strecken.

Das ehemalige Nachrichtenmagazin schreibt: „Die Arbeitgeber zeigten sich zufrieden mit der Regelung. „Zeitarbeit hilft unseren Unternehmen, flexibel auf Auftragsspitzen reagieren zu können“, sagte der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsen-Metall, Volker Schmidt.“

Auftrags“spitzen“ von 18 Monaten, ja klar … oder gar vier Jahre

Und weiter: „IG-Metall-Vorstandsmitglied Juan-Carlos Rio Antas sagte: „Das ist aber nur möglich, wenn die Arbeitnehmervertreter dem freiwillig zustimmen.“ Zudem verweist die Gewerkschaft darauf, dass die obligatorische Betriebsvereinbarung den Betriebsräten die Möglichkeit biete, die Bedingungen für Leiharbeiter zu verbessern, etwa durch zusätzliche Zulagen oder eine höhere Eingruppierung.“

Jau, Leiharbeiter als „Verhandlungsmasse“, das wird bestimmt „freiwillig“ helfen Hallo ihr angeblichen Arbeitnehmervertreter: Keinem einzigen Festangestellten wird geholfen, wenn man ihn gegen vierjährige Leiharbeiter zum halben Lohn austauscht. Was ihr IG Metaller hier macht, ist eure Zustimmung zur Spaltung der Belegschaft – und zur eigenen Entmachtung, denn Leiharbeiter streiken bei euren Tarifverhandlungen gar nicht erst mit. Und ein Aufmucken für „zusätzliche Zulagen oder eine höhere Eingruppierung“ wird von Leiharbeitern praktisch niemals vorkommen. Sehr wohl aber der exakt entgegengesetzte Weg, indem man Festangestellte mit der Androhung, diese gegen billigere Leihkräfte auszutauschen, auf Lohn verzichten! Neues Werk aufmachen, nur Leiharbeiter reinstecken und dann sagen: „Wenn ihr nicht mit euren Löhnen runter geht, verlagere ich alles in die neue Leiharbeiterhalle.“ Diese Methode ist doch schon hundert Mal durchgezogen worden.

Aber lest ruhig nochmal hier (klick) den Absatz ab „Die Rolle der Gewerkschaften“ und ihr wisst Bescheid.

Die kapitalistische Qualitätsjournaille und die „Steuertricks“ der Konzerne
Wie man kapitalistisch korrekt die Steuerhinterziehung der Reichen und Konzerne als journalistische Meldung aufbereitet, damit sich keinerlei Empörung in der Bevölkerung auftürmt.

Auf Nachfrage: Regierung kennt keine einzige strafbare „Fake-News“
„Mit dem sogenannten Netzwerkdurchsetzungsgesetz will die Bundesregierung offenbar ein Phänomen bekämpfen, das es in diesem Sinne gar nicht gibt. Auf Anfrage von Golem.de konnte das Bundesjustizministerium kein einziges Beispiel für strafbare Falschnachrichten nennen, deren Verbreitung über soziale Netzwerke mit dem Gesetz bekämpft werden soll. Dabei heißt es gleich zu Beginn des Gesetzentwurfes: „Nach den Erfahrungen im US-Wahlkampf hat auch in der Bundesrepublik Deutschland die Bekämpfung von strafbaren Falschnachrichten („Fake News“) in sozialen Netzwerken hohe Priorität gewonnen.“ Wenn die Bekämpfung strafbarer Falschnachrichten tatsächlich so wichtig geworden sein soll, müsste die Regierung eigentlich in der Lage sein, wenigstens ein einziges Beispiel für eine solche „Fake-News“ zu nennen. Doch leider Fehlanzeige.“

Dobrindts Beirat warnt vor privaten Beteiligungen an Autobahnen
„Es besteht kein objektiver Bedarf an ergänzender privater Finanzierung der Infrastrukturgesellschaft über Eigenkapital bzw. Eigenkapitalsurrogate, da hierdurch lediglich höhere Renditeerwartungen privater Anleger zu befriedigen sind“, schreibt der Wissenschaftliche Beirat von Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

Wie jetzt? Privatisierungen dienen nur zur Befriedigung höherer Profite von Privatanlegern? Nein, wer hätte DAS ahnen können

Und noch etwas: Es ist absolut bezeichnend, dass diese milliardenteure Pkw-Überwachungsmaschine hier in Deutschland nahezu ausschliesslich über die finanzielle Schiene (zu teuer, schöngerechnete Einnahmen, usw.) kritisiert wird – aber nicht etwa grundlegend damit, dass man mit seinem Auto dann nirgendwo mehr ohne staatliche Überwachung und Speicherung hinfahren kann.

Kapitalistenstaat Deutschland eben, wo nur das Geld zählt, aber nicht die persönliche Freiheit.

Berlin plant Videoüberwachung für 250 Mio. Euro in alten S-Bahnen
Und eine Leserin hat bereits die passende Gegenrechnung aufgestellt: „Statt 250 Mio Euro in Überwachungstechnik zu stecken, die in 15 Jahren weggeworfen wird, könnte man, über den selben Zeitraum von 15 Jahren, 333 Mitarbeiter mit einem Jahresgehalt von je 50.000 Euro einstellen.“

Und wo wir gerade in Berlin sind:

Berlin: Rot-Rot-Grün setzt Abschiebungen fort
Sozial daherreden – asozial durchregieren. Genau das passiert bei kapitalistischer Verwaltungsarbeit, so wie es Sozialdemokraten, Grünkapitalisten und Reformer-Linke weltweit immer wieder (systembedingt erfolglos) versuchen.

Dazu passt auch:

Jedes zweite Flüchtlingskind in Deutschland lebt in Armut
Vorbildliche Integration, die wir hier in Deutschland betreiben: Zuerst sogar die Unschuldigsten – die Kinder – in tiefster Armut sich selbst überlassen und anschliessend empört mit den Fingern draufzeigen, wie kriminell „die“ doch alle sind.

Syriens traumatisierte Kinder
TELEPOLIS berichtet: „Mindestens drei Millionen syrische Kinder unter sechs Jahren kennen nichts anderes als den Krieg. Millionen weitere Kinder wachsen in ständiger Angst auf. Freunde und Familienmitglieder wurden vor ihren Augen getötet oder unter einstürzenden Häusern verschüttet. Sie erlebten aus nächster Nähe, wie Schulen und Krankenhäuser zerstört wurden. Zumeist fehlte es an Nahrung und ausreichender medizinischer Versorgung. Viele wurden auf der Flucht von Freunden und Familien getrennt. In den letzten sechs Jahren des Krieges wusste in den Konfliktzonen Syriens niemand, ob er den nächsten Tag erleben würde. Die Kinderrechtsorganisation „Save the Children“ zeigt in einer erschütternden Studie das Ausmaß der psychischen Schäden, die der jahrelange Krieg bei Kindern in Syrien verursacht hat.“ Weiterlesen…

Bundesregierung rechnet Entwicklungszusammenarbeit schön
Davon abgesehen, dass es unter kapitalistischen Ausbeutungsbedingungen ohnehin keinerlei Entwicklungshilfe geben kann. Und zwar systembedingt. Aber selbst um die völlig lächerliche 0,7-Prozent-Quote zu erreichen, hatte ich auch schon mal gelesen, dass teilweise die Auslandskriege der Bundeswehr in den Etat der Entwicklungshilfe eingerechnet werden, nur damit die Quote stimmt. Und dass man jetzt auch noch die (aus rassistischer Motivation) ständig gekürzten Integrationskosten im Inland mit einrechnen muss, setzt dem ganzen Lügengebilde die Krone auf.

Und zu guter Letzt:

Religiöser Fanatiker ruft Gottesstaat in Rom aus

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