Politische Grundlagen

Ich war in der vergangenen Woche auf einem Seminar, um mal zu schauen, wie heutzutage „Politische Grundlagen“ erklärt werden. Und es ist sicherlich nicht überraschend, wenn ich sage: Ich wurde doch ein wenig enttäuscht Denn unter „Politischen Grundlagen“ verstehe ich dann doch etwas anderes. Und wer weiss: Vielleicht liest ja einer der mit mir anwesenden Seminarbesucher (oder sogar die Seminarleitung) hier mit und kann anschliessend meine Enttäuschung nachvollziehen.

Für mich lassen sich die Entwicklungen in der Welt nicht erklären, wenn man den Kapitalismus nicht erklärt. Denn der Kapitalismus hat eine ebenso zentrale wie ruinöse Eigenschaft: Die zunehmende Macht- und Vermögenskonzentration in immer weniger Hände! Der Kapitalismus sorgt systembedingt immer dafür, dass die Kapitalisten aufgrund ihrer Eigentumsherrschaft stets mehr Profit an sich reissen können, als die Arbeiter und Nichtarbeiter. Diese Entwicklung ist empirisch nachweisbar und steht heute auch als „Schere zwischen Arm und Reich“ ganz offen in jeder Zeitung.

Dieses Wissen ist von zentraler Bedeutung!

Gelegentlich hört man nämlich Sätze, dass doch „die Globalisierung“ an allem Schuld wäre, man „den Neoliberalismus“ bloss nicht hätte zuschlagen lassen dürfen, oder man zurück zur „Sozialen Marktwirtschaft“ gehen müsste. Diese Entwicklungen sind aber keine „Fehler“ gewesen, sondern logische Folgeschritte innerhalb eines kapitalistischen Systems. Wenn die Superreichen zu reich werden, reicht irgendwann der Profit der eigenen Wirtschaft nicht mehr aus, um deren Zinserwartungen zu erfüllen.

Und wenn die Profite nicht reichen, wird expandiert. Wenn die Profite nicht reichen, wird privatisiert. Wenn die Profite nicht reichen, wird der Sozialstaat „reformiert“. Und wenn die Profite der realen Wirtschaft nicht reichen, werden eben Finanzgeschäfte liberalisiert. All das passiert nicht aus Zufall, sondern sind vollkommen logische Schritte innerhalb eines kapitalistischen Systems, welches den Gewinn vom Vorjahr immer wieder übertrumpfen muss.

Soziale Marktwirtschaft nach dem Mauerfall

In diesem Zusammenhang ist auch der „Fall der Mauer“ keinesfalls das zentrale Datum, an dem sich der Kapitalismus immer unmenschlicher zeigte, weil die angebliche Systemkonkurrenz aus dem Osten wegfiel. Privatisierung, Liberalisierung und Sozialabbau wären sowieso gekommen – und ein Blick auf die USA (Reagan) und England (Thatcher) zeigt, dass man dafür auch keine „umfallende Mauer“ benötigt.

Auch die angebliche „Soziale Marktwirtschaft“ ist nur eine reine Namenserfindung. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die CDU die Macht übernahm und den Kapitalismus wieder einführte, war man sich klar, dass man das Wirtschaftssystem keinesfalls so nennen darf. Zu frisch und eindeutig waren sogar in der CDU die Erkenntnisse, dass die zwei Weltkriege keine Verteidigung vor irgendeiner drohenden Gefahr waren, sondern Eroberungskriege für das Kapital („Nach jedem deutschen Tank kommt sofort die Dresdner Bank“). Und nur deshalb bezeichnete die CDU den Kapitalismus als „Soziale Marktwirtschaft“.

Mehrere Jahre ging das anschliessend sogar gut, weil die Vermögenskonzentration aufgrund hoher Steuern für Reiche (in den 1950er Jahren galt ein Spitzensteuersatz von über 90 Prozent) anfangs nur mit sehr geringer Geschwindigkeit stattfand. Doch spätestens in den 1980er Jahren war endgültig Schluss (Stichwort: Lambsdorff-Papier) und der Sozialabbau wurde zum alltäglichen Regierungshandeln aller Parteien – bis heute.

Die Leute verstehen die Welt nicht mehr

Wie kann man nur Trump wählen? Wie konnte nur der Brexit zustande kommen? Warum werden die Rechten immer stärker? Solche Fragen stellen sich die Leute, weil ihnen die politischen Grundlagen fehlen. Denn was passiert wohl folgerichtig, wenn eine Bevölkerung aufgrund des Profitzwangs im Kapitalismus immer engere Gürtel verpasst bekommt? Ganz klar: Sie schliessen sich denjenigen an, die auf Egoismus setzen („Jetzt sind wir dran“) und sich vom Rest abzuschotten versuchen. „America First“ heisst dafür die Parole in den USA, beim Brexit ging es ebenfalls um das „Wir gegen die EU“ und in Deutschland nennt sie sich sogar direkt „Alternative“ und fordert „Kindergeld/Rente/Pflege nur für Deutsche“.

Versagen der Sozialdemokratie?

Gleichzeitig fragen sich die Leute, warum denn die SPD immer wieder ihre Wähler verrät und daraus nichts lernt? Und auch hier fehlt es an den politischen Grundlagen. Denn was bedeutet denn Sozialdemokratie? Sozialdemokraten wollen die Eigentums- und Machtverhältnisse nicht antasten (ganz im Gegenteil, wie uns die Geschichte lehrt), aber trotzdem den Kapitalismus irgendwie sozial gestalten. Die zentrale Frage dabei ist jedoch: Welchen Spielraum hat die Sozialdemokratie, wenn die Machtverhältnisse sich immer stärker konzentrieren?

Grüne, Linke, Gewerkschaften

Dies schliesst übrigens auch DIE LINKE mit ein, deren kapitalistische Verwaltungsarbeit als (Mit-)Regierungspartei in mehreren Bundesländern ebenfalls die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen lässt. Und der momentane Höhenflug der GRÜNEN ist nichts anderes als der Ablasshandel der gehobenen Mittelschicht. Denn jeder weiss, dass das kapitalistische System für unsere Erde den totalen Kollaps bedeutet. Gleichzeitig möchte man aber seinen (gehobenen) Lebensstil keinesfalls zurückschrauben. Und in dieser Marketinglücke stehen die GRÜNEN mit ihrem “grünen Kapitalismus“. Statt dass man einen SUV mit Verbrennungsmotor kauft, legt man etwas Geld obendrauf und kauft sich einen SUV mit Elektromotor. Statt dass man ausbeuterischen Billigkaffee kauft, legt man etwas Geld obendrauf und kauft sich Fairtrade-Kaffeekapseln. Statt einer Billigjeans aus Kinderarbeit legt man etwas Geld obendrauf und kauft eine teurere Markenjeans. NICHTS davon ist zugunsten der Umwelt, aber man hat ein besseres Gewissen.

Tja und unsere Gewerkschaften? Welche Macht haben wohl Gewerkschaften, so lange sie die Eigentumsverhältnisse nicht als DEN zentralen Bremsklotz für jede menschlichere Ausrichtung der Gesellschaft erkennen – und bekämpfen? DAS wäre mal eine spannende Debatte innerhalb eines „Politischen Grundlagenseminars“.

Gab es aber nicht…

3 Gedanken zu „Politische Grundlagen“

  1. Das lernen politischer Grundlagen kann man prima anhand von Siechmar Gabriel erläutern.
    Tagesschau: Wie stehen sie derzeit zum Terrorsimus?
    G: „Die Basis ist das Grundlegende des Fundamentalen.“ (Anm.: Verkürzter Spontispruch der 60er, bzw. 70er.).
    Tagesschau: Wir geben zurück ins Studio.

    D. h.: Inhalte überwinden und Reporter, die nicht nachfragen. Daraus folgt: Floskeln und Spruchblasen zum aufblasen der Demokratie. Das funktioniert, wie im Geschäftsbrief. Soweit, so scheiße.
    Dummer Weise hat sich das nie geändert und funktioniert auch, zumindest für einige.

    „All das passiert nicht aus Zufall, sondern sind vollkommen logische Schritte innerhalb eines kapitalistischen Systems, welches den Gewinn vom Vorjahr immer wieder übertrumpfen muss.“

    Nee, muss es nicht! Es muss sich nur so anhören, als würde es das tun. Für den Rest sorgen andere „Geschäftsmodelle“.

    Ad 2) Schmierst Du Dir eine Stulle aus Zufall oder weil Du Hunger hast? Letzteres ist bedeutsamer.

    „Versagen der Sozialdemokratie?“ Ach wie? Hat die mal nicht versagt? Rosa Luxemburg abknallen und dann ihr ein Denkmal setzen? Kann man hier sogar anschauen:
    https://www.zdf.de/comedy/die-anstalt/die-anstalt-vom-20-november-2018-100.html

    Auf die Technik gemünzt:

    Das Dumme ist dabei, die Vielfalt ist völlig einerlei.
    Denn ob Susi, Arch und Rex – keiner von den’ will Safer Sex.
    Ob Apple, Linux, Google oder Microsoft, alle wollen nur das große Loft.
    Seiest Du nun Anwender oder User, Du bist und bleibst immer der Looser!
    Wäre die IT, wie in den 90ern – eine Freakshow – wie Nocturn
    oder wie die ander’n – kein Virus würde wandern!
    Drum sei es schlicht – aufgeklärt: Technik nicht überall hingehört!
    Weder beim Reisen noch beim Wandern – nur ohne Smartphone hörst Du die ander’n.

  2. Bedarf es den “ Politischen Grundlagen“?

    Ja. Ein eindeutiges Ja von mir. Es macht deutlich und öffentlich was abläuft/ gewollt ist.
    Es gibt eine Menge Leute die das erkannt haben und sich dem entgegen stellen. Noch nicht genug, jedoch Lichtblick!

    Ich selber bin noch nicht soweit, bzw. ich wäge noch ab, ob ich für ein Christian Lindner in den Knast wander.
    _DIESER_SOZIAL_&_GEISTIG_VERARMTE_FLACHDENKER lässt mich mehr als zweifeln mich korrekt zu verhandeln.
    Bei einem G. Schröder oder J. Fischer hätte ich ( sogar) weniger Zweifel. Zumal ein Fischer eh Gewalt nicht nur gewöhnt ist sondern selbst ausgeübt hat.

    Ach übrigens Gewalt und Waffen: Wo ist eigentlich Kauder abgeblieben?
    Bei keiner Bundestagssitzung mehr zu sehen. Kasssiert er trotzdem noch?

  3. Zusatz: C. Lindner hat in einem Statement _ALLE_ H4-Leistungsberechtigte in “ schöner“ Westerwelle-Tradition in seiner Rede als faul denunziert.
    “ Die Grünen wollen 30 Milliarden Euro für diejenigen die wörtlich “ nicht arbeiten wollen“

    Ich bleibe dabei:
    Was für ein Flachwixer mit Graswurzelniveau

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert