Aufgelesen und kommentiert 2018-11-07

/ Empörender UN-Bericht über soziale Lage in Deutschland
/ SPD-Politiker tönen: „Zeit von Hartz-IV ist abgelaufen“
/ Lohnkostenzuschüsse: Sozialprogramm für Konzerne
/ Eine gute Rente ist finanzierbar
/ Stellenabbau durch Digitalisierung erreicht die Kirchen
/ YouTube wird NoTube
/ Maaßen-Nachschlag: „Gute Arbeit“
/ Studie zeigt Zunahme von Ausländerfeindlichkeit und Abwertung von Muslimen in Deutschland
/ Maaßen legt erneut nach

Empörender UN-Bericht über soziale Lage in Deutschland
Ungleiche Lebensstandards in Ost und West, prekäre Arbeitsbedingungen, Mindestlohn-Umgehung, zu niedrige Hartz-IV-Sätze, Kinderarmut, Schüler, die hungrig zur Schule gehen, und Wohnungsnot: Die Anzahl der Kritikpunkte des UN-Berichts sind erschütternd. Der Rat empfiehlt der Bundesregierung, Maßnahmen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die im UN-Sozialpakt festgeschriebenen und auch in Deutschland gültigen Rechte von der Bevölkerung in Anspruch genommen werden können, unabhängig vom Wohnort. Die UN kritisiert zudem, dass die Bundesregierung nicht genügend Maßnahmen umsetzt, um sicherzustellen, dass Menschenrechte, auch von Privatunternehmen, eingehalten werden.

SPD-Fraktionschef Kutschaty in NRW: Zeit von Hartz-IV ist abgelaufen Thüringens SPD-Landeschef Tiefensee für umfassende Hartz-IV-Reform SPD-Parteivize Stegner: „Hartz IV hat ausgedient“ Bartke (SPD): „Müssen Alternative zu Hartz IV schaffen“

Gestern hatte ich ja schon die CDU-Krampe Karrenbauer satirisch aufgegriffen, die vor einer „sozialen Spaltung“ warnt – was vom Niveau ungefähr dasselbe ist, als wenn der FC Bayern München vor einer Spaltung der Bundesliga in arme und reiche Vereine warnt.

Heute will ich mich mal kurz der SPD widmen, weil die nach den krachenden Wahlniederlagen in Bayern und Hessen mal wieder ihre Sprücheventilatoren auf vollste Stufe gestellt haben. Aber klickt euch mal selber durch die exemplarisch aufgegriffenen „Meldungen“, ob ihr dort irgendetwas mit Substanz findet.

– gründliche Neuausrichtung der Partei
– müssen die großen Versprechen der Sozialdemokratie wieder einlösen
– müssen den Bürgern das Gefühl geben, sie seien nicht allein
– müssen uns einem neuen Sozialstaatskonzept zu profilieren
– müssen Partei der langfristigen Visionen sein
– Leistung muss sich in unserem Land wieder lohnen
– Hartz IV-System ist nicht zukunftsfähig
– Zeit des Hartz IV-Systems ist abgelaufen
– Hartz IV muss schrittweise überflüssig werden
– Hartz IV hat ausgedient

Bla Bla Bla.

Und wo es dann konkreter wird – solidarisches Grundeinkommen, Kindergrundsicherung, längeres ALG1 – werden nirgendwo Zahlen genannt, ausser beim Mindestlohn, der bei 12 Euro liegen soll. Davon abgesehen, dass die SPD in der Vergangenheit JEDEN Antrag auf eine menschenwürdige Erhöhung des Mindestlohns abgelehnt hat, kommt dann auch noch hinzu: Die SPD kann den Mindestlohn gar nicht einseitig erhöhen, weil ihre damalige SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles unter breiter Zustimmung der gesamten SPD eine Mindestlohnkommission vorgeschaltet hat, damit jede spürbare Erhöhung des Mindestlohns ausgeschlossen werden kann.

Fassen wir also zusammen: Das Phrasenschwein wird prall gefüllt, aber mit nichts anderem als warme Luft.

Und der Lacher insgesamt ist dann auch noch, dass die Sprücheklopfer von unserer Qualitätsjournaille als „linke Sozialdemokraten“ bezeichnet werden – was schon mal ein Widerspruch in sich ist. Denn entweder man ist links, oder man ist Sozialdemokrat. Jemand, der links ist, bekämpft die Herrschaftsverhältnisse. Sozialdemokraten hingegen lassen die Herrschaftsverhältnisse unangetastet und betteln stattdessen nur darum, dass doch die Schwerreichen bittebitte ein paar mehr Brotkrümel von ihrem Tisch fallen lassen als bisher.

Dazu passt auch:

Lohnkostenzuschüsse: Sozialprogramm für Konzerne
Während die SPD sämtliche Nachrichtenseiten mit ihren Sprüchen überflutet, betreibt die SPD ganz real natürlich weiterhin kapitalistische Regierungsarbeit.

Zitat: „Die Wirtschaft darf sich freuen: Zehntausende kostenlose Arbeitskräfte soll ihr ab 2019 das neue Programm »Sozialer Arbeitsmarkt« bescheren. Kurz vor der für Donnerstag geplanten Abstimmung im Bundestag will Arbeitsminister Heil (SPD) das zugrunde liegende »Teilhabechancengesetz« über den ursprünglichen Plan hinaus noch einmal ausweiten. Darüber informierten Regierungsvertreter der CDU/CSU-SPD-Koalition am Dienstag. So bekommen Unternehmen demnach noch höhere Lohnzuschüsse vom Staat, wenn sie sogenannte „Langzeiterwerbslose“ einstellen. Außerdem soll die Zielgruppe für die geförderten Jobs erweitert werden.“ Weiterlesen…

Unser Steuergeld für die Profitsteigerung von Konzernen veruntreut, denen man Arbeitskräfte zur kostenlosen Ausbeutung vor die Tür stellt.

Aber hey: Das ist bestimmt diese SPD-Erneuerung, über die sie ständig reden

Eine gute Rente ist finanzierbar
Zitat: „Nie war die Zeit für eine Wiederanhebung des Rentenniveaus auf lebensstandardsichernde 53 Prozent und eine armutsfeste Erwerbsminderungsrente reifer als heute. Der Rentenbeitragssatz ist heute auf dem niedrigsten Stand seit 22 Jahren. Eine moderate jährliche Beitragserhöhung würde zusammen mit einer Überführung der unsinnigen Riesterförderung in die Rentenkasse deutliche finanzielle Spielräume für eine solche große Rentenreform eröffnen.

Wenn jetzt FDP und Arbeitgeber eine Beitragssatzsenkung fordern, zeigen sie nur, dass ihnen die Zukunftsperspektiven der älteren und der jüngeren Generation völlig egal sind.“

Erwähnte ich schon mal, dass Matthias W. Birkwald in rentenpolitischen Themen zu den wohl besten Experten im gesamten Bundestag zählt?

Stellenabbau durch Digitalisierung erreicht die Kirchen
In Hamburg ging soeben der erste Segensroboter in Betrieb. Einmal Münze einwerfen und Gottes Segen ertönt dann vom Band.

YouTube wird NoTube
RUBIKON berichtet: „Seit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz von Heiko Maas(los) und der Kampfansage an vermeintliche Fake-News wird im Internet des Westens munter zensiert. So wurden die Internetauftritte des Journalisten Alexander Jones mal eben synchron von allen großen Plattformen wie YouTube, Twitter und Facebook gelöscht. Letzteres löschte darüber hinaus auf einen Schlag 559 Auftritte und 251 Privatkonten kritischer und vor allem pazifistischer Journalisten und arbeitet seit kurzem ganz eng mit dem Think Tank „Atlantic Council“ zusammen. Dieser wiederum unternahm in der Vergangenheit einige Anstrengungen, um der Bevölkerung Eroberungskriege schmackhaft zu machen.

Und dennoch erdreisten wir uns, auf China zu zeigen!

Wir haben einen gewaltigen Balken vor Augen! Einen Zensurbalken! Denn zahlreiche EU-Abgeordnete haben vergangenen September FÜR die Reform des EU-Urheberrechts gestimmt, welche eine weitläufige Zensur des Internets vorsieht. Diese Reform muss Anfang 2019 noch das Gesetzgebungsverfahren in Brüssel durchlaufen. Doch einen Vorgeschmack, wie ein solches unfreies Internet aussehen würde, lieferte die YouTube-Chefin Susan Wojcicki in einem Brief an alle YouTuber mit Partnerstatus. Sollte dieses neue Urheberrecht tatsächlich das Licht der Welt erblicken, würden europäische YouTuber – Produzenten wie Nutzer gleichermaßen – in die Röhre gucken. Die wäre zwar nicht schwarz, würde aber nur noch aus Inhalten verifizierter Unternehmen bestehen. Das Grundkonzept des „Broadcast yourself“ wäre damit hinfällig.“ Weiterlesen…

Maaßen-Nachschlag: „Gute Arbeit“
Maaßen, der mit seiner Abschiedsrede nun noch einmal eindrücklich dokumentierte, wes Geistes Kind er ist, habe trotzdem »wirklich gute Arbeit« geleistet, findet der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg. Maaßen sei »weder auf dem linken noch auf dem rechten Auge blind gewesen«, sagte der Parlamentarier, der dem NSA-Untersuchungsausschuss vorsaß und in die aufklärerische Sackgasse lenkte, dem Deutschlandfunk. Auch eine Nähe Maaßens zur AfD könne er nicht erkennen.

Maaßen ist weg, das Problem, das zeigen nicht nur Sensburgs Äußerungen, bleibt bestehen.

Dazu passt auch:

Studie zeigt Zunahme von Ausländerfeindlichkeit und Abwertung von Muslimen in Deutschland
TELEPOLIS berichtet: „24,1 Prozent der Befragten zeigten eine „geschlossene manifeste Ausländerfeindlichkeit“, bei der vorherigen Erhebung 2016 waren es 20,4 Prozent. In Ostdeutschland ist die Entwicklung noch deutlicher. Dort stieg der Anteil von 22,7 auf 30,9 Prozent. Für die Aussage „Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ gab es 44,6 Prozent „manifeste Zustimmung“ von Befragten in Ostdeutschland. Im Westen waren es 33,6 Prozent. Damit einher geht eine steigende Aggressivität und Gewaltbereitschaft.“

Und zu guter Letzt:

Maaßen legt erneut nach

3 Gedanken zu „Aufgelesen und kommentiert 2018-11-07“

  1. Und den BlessU2 kann man jetzt auch mit dem digitalen Klingelbeutel finanzieren.

    https://www.domradio.de/themen/reformen/2018-11-07/zeitgemaesse-alternative-ohne-bargeld-die-vorteile-des-digitalen-klingelbeutels

    Auch in der Kirche ist jetzt Effizienz und künstliche Intelligenz gefordert um noch schneller an die Kohle der wieder mal Götzen anbetende Gemeinde zu kommen. Der Kleriker zählt nach der Messe nur noch die Kohle.

    Wie sagte Jesus damals:

    „Herr vergib Ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“

  2. „Der Rat empfiehlt der Bundesregierung, Maßnahmen durchzuführen, um sicherzustellen, dass die im UN-Sozialpakt festgeschriebenen und auch in Deutschland gültigen Rechte von der Bevölkerung in Anspruch genommen werden können, unabhängig vom Wohnort. “

    Die Kultusminister empfehlen, eine Schulempfehlung unabhängig von der Herkunft des Schülers auszusprechen.

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