Aufgelesen und kommentiert 2017-10-24

/ Pfleger Tim Umhofer gehört zu den Ersten, die an einem katholischen Krankenhaus gestreikt haben
/ Medial bejubelte EU-Entsenderichtlinie kann leicht umgangen werden
/ Agenda 2010 wirkt: Bist du arm, bleibst du arm
/ Unverwundbar
/ Deutschland beteiligt sich finanziell an U-Booten für Israel
/ Tausende demonstrieren in Berlin gegen die AfD
/ 27 Jahre CDU-Dominanz in Sachsen: Lehrermangel, Niedriglöhne und Rassismus
/ Verneigung vor Rechtspopulisten
/ Wie sich transatlantische Lobby-Kader um Kopf und Kragen schreiben
/ Einen Tag vor der Freigabe der JFK-Akten beweist die deutsche Presse erstaunliche Inkompetenz
/ Computer-Gesichtserkennung im Bahnhof – Proteste abgeflaut
/ Die wichtigsten Fragen für den dringend benötigten Dialog mit Rechtsradikalen

Pfleger Tim Umhofer gehört zu den Ersten, die an einem katholischen Krankenhaus gestreikt haben
Kurzer Auszug: „Die Marienhaus GmbH ist der größte katholische Arbeitgeber im südwestdeutschen Raum. Ihr gehören 27 Kliniken, dazu kommen noch einige Altenheime. Wir sprechen über ein riesiges Unternehmen, das in den vergangenen Jahren immer größer geworden ist. Es wurden Tochtergesellschaften gegründet, bei denen viele Beschäftigte nur über Zeitverträge angestellt werden.

Ich würde nicht behaupten, dass sich in diesem Unternehmen die christlichen Werte stärker wiederfinden würden als in anderen Krankenhäusern. Die Marienhaus GmbH agiert wie ein Unternehmen. Außer dass man hier Gewinne erwirtschaften möchte, aber gleichzeitig den Angestellten verbietet, sich für bessere Arbeitsbedingungen im Sinne eines Streiks starkzumachen. Das Betriebsverfassungsgesetz und die Möglichkeiten von Streiks gelten für Kirchen nicht. Das sollte im 21. Jahrhundert so nicht mehr sein.“

Ergänzung meinerseits: Die kirchliche Einmischung geht übrigens noch deutlich weiter, als „nur“ beim Streikverbot. Die Kirchen bestimmen auch darüber, dass man nach einer Scheidung rausgeworfen wird, weil das „unchristlich“ ist. Oder dass man kein uneheliches Kind haben darf. Wohlgemerkt: Obwohl die Kirchen bei „ihren“ Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nur zwei (!) Prozent der Betriebskosten übernehmen.

 

Medial bejubelte EU-Entsenderichtlinie kann leicht umgangen werden
Während unsere Qualitätsjournaille jubelt, dass die EU doch so toll und sozial ist, weil es nun eine „Entsenderichtlinie“ gibt, womit Arbeiter aus dem Ausland genauso bezahlt werden müssten wie einheimische Arbeiter, klärt TELEPOLIS mal eben auf, wie einfach diese Richtlinie in der Realität umgangen wird.

„Der entsendete Arbeitnehmer bekommt seinen Lohn zunächst korrekt überwiesen. Die Lohnverrechnung stimmt also für den Fall, dass Kontrolleure kommen. Doch später müssen die Bauarbeiter einen Teil des Geldes bar zurückzahlen. So war es auch bei Jozsef. Er musste nach eigenen Angaben für einen Schlafplatz zahlen, den ihm sein Arbeitgeber zur Verfügung stellte. Oft berichtet wird auch, wonach Bauarbeiter Vollzeit arbeiten, aber nur für wenige Stunden angemeldet werden. Oder ein Facharbeiter wird als Hilfskraft eingestuft und bezahlt.

Angefügt wird noch die Sozialversicherung als weiterer Grund, weshalb Entsendebetriebe billiger sind. Für die Dauer von zwei Jahren können entsandte Arbeitnehmer in ihrem Heimatland sozialversichert bleiben. Die Sozialversicherungssätze seien in Slowenien, Ungarn und Polen niedriger als beispielsweise in Österreich. Zwar müssten die Entsendeunternehmen ein Formular der Sozialversicherung für ihre Arbeiter vorlegen, doch könne keiner nachprüfen, mit welchem Lohn der ausländische Arbeiter dort gemeldet ist.“

Tja und da man jegliche Kontrollen natürlich massiv herunter gefahren hat, um „Investoren nicht zu vergraulen“ kann man sich denken, was von dieser bejubelten Entsenderichtlinige real übrig bleibt. Und wie kritisch und umfassend uns doch die Qualitätsjournaille mal wieder informiert

Und kleiner Lacher am Rande (Zitat): „Auch DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach zeigte sich erfreut, dass sich das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ in zentralen Punkten der Vorschläge des Beschäftigungsausschusses wiederfinde, durch „deutlich weiter gefasste Lohnansprüche“, die ein wichtiger Schritt gegen eine faktische Zweiklassen-Gesellschaft seien.“ Sagt ausgerechnet eine Funktionärin, die separate Tarifverträge gegen Leiharbeiter durchdrücken und somit der Zweiklassen-Gesellschaft ihren gewerkschaftlichen Segen gab.

 

Agenda 2010 wirkt: Bist du arm, bleibst du arm
Das antikapitalistische Handelsblatt berichtet: „Mehr als jedes fünfte Kind in Deutschland lebt inzwischen schon länger als fünf Jahre in armen Verhältnissen. Kinderarmut ist in Deutschland ein Dauerzustand. Wer einmal arm ist, bleibt lange arm. Zu wenige Familien können sich aus Armut befreien“, sagt Stiftungsvorstand Jörg Dräger zum Ergebnis der Studie, die der dpa vorab vorlag.“

 

Unverwundbar
„In Deutschland nimmt sich alle 52 Minuten ein Mensch das Leben, alle 5 Minuten findet ein Suizidversuch statt, alle 9 Minuten verliert jemand einen ihm lieben Menschen durch Selbsttötung. Suizid ist die 17.-häufigste Todesursache weltweit, für die 15 bis 29-jährigen die 2.-häufigste (nach Unfällen). 73 Prozent aller Suizide in Deutschland werden von Männern verübt. Während die Suizidrate generell rückläufig ist (außer bei Kindern und Jugendlichen), steigt die Zahl ungeklärter Todesfälle. Es ist davon auszugehen, daß z.B. eine ganze Menge Verkehrsunfälle eigentlich Suizide sind.

Kaum jemand tötet sich „out of the blue“. Fast jedem Suizid und jedem Versuch dazu gehen Hinweise und Warnzeichen voran. Sehr viele Suizidale wollen nicht ihrem Leben ein Ende setzen, sondern ihren Problemen.

In Deutschland sind zwischen 200.000 und 500.000 Menschen obdachlos, davon sind rund drei Viertel Männer. Ein typischer Verlauf in die Obdachlosigkeit bei Männern ist das Ende der Ehe oder Beziehung, oft gesäumt von Alkoholmißbrauch und Aggressivität, einer längeren Phase von Post-nicht-mehr-öffnen und auch sonstiger Unerreichbarkeit, gefolgt vom Verlust von Arbeitsplatz und Wohnung.

Zu Obdachlosen werden kaum Statistiken erhoben. Der Berliner Senat geht von 1.400 Obdachlosen aus, die Schätzungen der Hilfsorganisationen liegen bei 8.000 bis 10.000 Menschen, die allein in Berlin durch alle Netze gefallen sind. In der Hauptstadt werden in diesem Jahr 5,6 Millionen Euro für Obdachlose ausgegeben. Zum Vergleich: die Betriebskosten der BER-Baustelle betragen in weniger als einer Woche, von Montagmorgen bis Donnerstagnachmittag, 5,8 Millionen Euro.“ Weiterlesen…

 

Deutschland beteiligt sich finanziell an U-Booten für Israel
Regierungssprecher Seibert räumt gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters ein: „540 Millionen Euro der gesamten Kaufsumme werden die deutschen Steuerzahler übernehmen.“

Tja, aber auf der anderen Seite ist natürlich für bessere Löhne bei Pflege- und Kitapersonal „kein Geld da“. CDU/CSU und SPD mussten schliesslich noch 540 Millionen Euro an die Waffenindustrie verschenken. Das hat Vorrang!

Ob es jemals eine TV-Talkshow geben wird mit dem Titel: „540 Mio. Euro für die Waffenindustrie, aber kein Geld für Schulen?“ Nein, natürlich nicht, denn das wäre schliesslich nicht im Sinne der Herrschenden. Deshalb gibt es stattdessen lieber TV-Talkshows darüber, welche „Lasten“ doch Flüchtlinge für „uns“ verursachen – und nicht etwa, welche Lasten uns die waffenlobby-geschmierte Politik aufdrückt.

 

Tausende demonstrieren in Berlin gegen die AfD
„Die „Demo gegen Hass und Rassismus im Bundestag“ wurde von den Aktivistengruppen Avaaz, Campact und Breaking the Ice organisiert und vorwiegend über Facebook bekannt gemacht. Zu den offiziellen Unterstützern der Demo zählten dann auch Organisationen, die für den Aufstieg extrem rechter Tendenzen in Deutschland und ganz Europa direkt mitverantwortlich sind. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) unterstützt seit Jahren die brutale Kürzungspolitik der Bundesregierung und verbreitet selbst Nationalismus. Das gleiche trifft auf die Bewegung DiEM25 zu, der u.a. Politiker der griechischen Syriza, der deutschen Linkspartei, der spanischen Podemos und der britischen Labor-Party angehören. All diese Kräfte hatten keine Perspektive für den Kampf gegen rechts anzubieten. Der offizielle Demo-Aufruf warnte zwar vor Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Geschichtsrevisionismus im Bundestag, blendete die politischen und sozialen Ursachen für den Aufstieg der AfD jedoch völlig aus.“ Weiterlesen…

Ich finde es ja mittlerweile erheiternd, wenn Vertreter und Unterstützer von kapitalistischer Verwaltungsarbeit sich „gegen Rechts“ organisieren. Dabei wird der Kapitalismus IMMER Menschen in nützlich und überflüssig sortieren. Der Rassismus ist im Kapitalismus systembedingt verankert. Und jede soziale Unterstützung für „die Überflüssigen“ wird stets unter Finanzierungsvorbehalt gestellt.

Vorfahrt bekommt nur der Profit – auch vor der Natur und den Menschenrechten. Das sollte inzwischen doch wohl jeder mitbekommen haben. Wer also über den Kapitalismus nicht diskutieren will, braucht über Rassismus auch nicht herumschwadronieren.

 

27 Jahre CDU-Dominanz in Sachsen: Lehrermangel, Niedriglöhne und Rassismus
„Sachsen hat in der Außenwahrnehmung selbst Bayern mittlerweile den Platz eins als reaktionärstes Bundesland streitig gemacht. Wir haben ein enormes Problem mit Rassismus und einer starken rechten Szene. Die CDU hat die auf der Hand liegenden Probleme stets verharmlost, teils sogar bestritten. Anstatt den Kampf mit Nazis und Rassisten aufzunehmen und die Sicherheit von Flüchtlingen und Antifaschisten zu gewährleisten, ist die sächsische CDU selbst immer mehr nach rechts gerückt.

Wir haben in Sachsen vor allem in den Kleinstädten und im ländlichen Raum mannigfaltige Probleme. Die ärztliche Versorgung ist vielerorts nicht mehr gewährleistet. Die öffentliche Infrastruktur ist defizitär. Wir haben nicht genug Lehrerinnen und Lehrer. Viele Schulgebäude müssten dringend saniert werden. Die Menschen im Osten erhalten noch immer weniger Rente als die Menschen im Westen der Bundesrepublik. Überhaupt haben wir ein überdurchschnittliches Problem mit Niedriglöhnen, Armutsrenten und Leiharbeit.

Die CDU hat die Menschen mit diesen Problemen alleingelassen. Und die SPD war der CDU stets ein handzahmer Partner. Auch die Sozialdemokraten bräuchten einen politischen Neuanfang. Sie sind kaum wahrnehmbar, und wenn überhaupt, dann sicherlich nicht als die Stimme der sozialen Gerechtigkeit, als die sie sich nun wieder einmal inszenieren wollen. Was wir brauchen – und zwar nicht nur in Sachsen, sondern im gesamten Bundesgebiet – ist ein politischer Mentalitätswechsel.“

Tja Leute, Sachsen ist eigentlich ein hervorragendes Beispiel dafür, dass man mit nationalsozialistischer Politik KEINE Politik zugunsten der Bevölkerung betreibt. Was man aber ohnehin wüsste, wenn man die eigene deutsche Geschichte kennt.

 

Verneigung vor Rechtspopulisten
In der vergangenen Woche sterben in Afghanistan bei Anschlägen knapp 250 Menschen. Erst am Wochenende hatte es bei Anschlägen in Kabul wieder mehr als 50 zivile Opfer gegeben. Dennoch werden abgelehnte Asylbewerber weiter dorthin abgeschoben. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll eine Maschine am Abend vom Flughafen Leipzig/Halle aus in Richtung Kabul starten. Ungeachtet der Proteste von Flüchtlingshelfern setzt Deutschland die Abschiebung abgelehnter afghanischer Asylbewerber in ihr Heimatland also weiterhin fort.

Berichte darüber in unserer Qualitätsjournaille? Rund 7.000 Treffer
Berichte über den Einzug der AfD in den Bundestag: Rund 220.000 Treffer

So umfangreich bejubelt unsere Qualitätspresse den Einzug von Rassisten in den Bundestag – und so wenig kümmert sie sich um die Opfer dieser mörderischen Politik. Bezeichnend.

 

Wie sich transatlantische Lobby-Kader um Kopf und Kragen schreiben
Ich hab den militärischen Aufrüstwahn von CDU und GRÜNEN neulich auch schon aufgegriffen. Hier nun nimmt RUBIKON dieses Machwerk nochmal detailliert auseinander.

 

Einen Tag vor der Freigabe der JFK-Akten beweist die deutsche Presse erstaunliche Inkompetenz
Markus Kompa schreibt sich seinen Frust über den deutschen Rudeljournalismus von der Seele

 

Computer-Gesichtserkennung im Bahnhof – Proteste abgeflaut
Heise-Online berichtet: „Die Kameras seien nicht beschädigt worden, ebenso wenig die Markierungen auf dem Boden, die die Fahrgäste der Bahn auf die Beobachtung durch die Kameras hinweisen. Nach einigen friedlichen Protesten zum Beginn des sechsmonatigen Tests sei schnell Ruhe eingekehrt. Die Bundespolizei hatte vor Beginn des Versuchs befürchtet, dass gewalttätige Datenschützer oder Linksextremisten im Bahnhof Kameras zerstören könnten.“

Ach so ist das:

– friedliche Proteste = kann man ignorieren, sind ja gar nicht ernst gemeint
– Protest mit Sachbeschädigung (z.B. G20 in Hamburg) = Noch mehr Polizeistaat

Eine schöne Win-Win-Situation für den Überwachungsstaat

Und hier noch eine schöne Begründung (Zitat): „Von den 300 freiwilligen Teilnehmern an dem Probelauf für Kameras und Computer seien nur drei Menschen nach dem Start abgesprungen, etwa weil nach einem Umzug der Bahnhof nicht mehr genutzt wird sagte der Sprecher. Aus politischen Gründen habe keiner der Teilnehmer seine Mitwirkung abgebrochen.“

Freiwillige, die bei Rabattkarten, Treuepunkten, Kfz-Telematiktarife und sonstigen Überwachungsaktionen mitmachen, wo sie ihr Konsumverhalten, ihre Aufenthaltsorte und Biometriedaten bereitwillig an Staat und Konzerne aushändigen, KÖNNEN überhaupt keine bildungspolitische Intelligenz besitzen. Das schliesst sich vollständig aus. Und von diesen Leuten wird man in dieser „Bildungsrepublik“ immer mehrere millionen Exemplare finden.

Zitat: „Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hatte zum Start des Projekts von einem „unglaublichen Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung“ gesprochen.“

Joah, auf dieser videoüberwachten Rolltreppe vielleicht. Aber schon 100 Meter davon entfernt war es das mit der vermeintlichen Sicherheit. Womit dann auch klar ist, auf welch eine „schöne neue Welt“ wir zusteuern. Und in 40 Jahren stehen unsere Enkel vor uns und fragen: „Was habt ihr damals dagegen unternommen?“ Und wir antworten: „Wir haben doch von all dem nichts gewusst….“

Und zu guter Letzt:

Die wichtigsten Fragen für den dringend benötigten Dialog mit Rechtsradikalen

Ein Gedanke zu „Aufgelesen und kommentiert 2017-10-24“

  1. Die katholische Kirche ist der größte Arbeitgeber in Deutschland.
    Dazu passt auch, die steigende Armut in Deutschland, durch Lohndrücker die die menschliche Würde nicht Wert schätzen, während gut betuchte in der r.k. Kirche sich Luxus-doppel-Badewannen und Luxus-Sanierungen erlauben können.

    Die katholische Kirche – schürt die Todsünde der Gier – u.a. auch mit der angeblich christlichen CDU/CSU-SPD-FDP-Grünen die Mörder-Waffen in aller Welt exportieren. Nur so kann die Kirche neue billige Sklaven und dumme Schäfchen in anderen Kontinenten auch für – gierige Globalplayer – erschließen.

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