Aufgelesen und kommentiert 2018-11-06

/ Zahl der Armen steigt, Mittelschicht schrumpft
/ Bundesregierung „spart“ jährlich 25 Milliarden durch Herunterrechnen der HartzIV-Sätze
/ Verstoß gegen Menschenrecht: UN verurteilt Hartz IV-Gesetze
/ Sachsen-Anhalt will Lehrermangel mit schlecht bezahlter Mehrarbeit begegnen
/ Dänemark: Wo Pflegenotstand ein Fremdwort ist
/ Sozialdemokrat und Wirtschaftsfreund: Olaf Scholz bremst EU-Digitalsteuer
/ Halb versteckte Anzeichen für die Barbarisierung in der deutschen Gesellschaft
/ Maaßen: Ein Rechtsextremer an der Spitze des Verfassungsschutzes
/ Bayern: 100 Jahre Freistaat – 100 Jahre Nazi-Hochburg
/ Rückkehr zur Sacharbeit

Zahl der Armen steigt, Mittelschicht schrumpft
Nochmal ein Blick auf die erfolgreiche Regierungsarbeit von CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE gefällig? Der Deutschlandfunk berichtet: „Armut in Deutschland wird der Studie zufolge für immer mehr Menschen zu einer Art Dauerzustand: Lebten Anfang der Neunzigerjahre noch 3,1 Prozent der Bevölkerung in dauerhafter Armut, sind es laut Studie aktuell schon 5,4 Prozent – eine Steigerung um 74 Prozent. Gleichzeitig sei seit 2005 (Einführung der Hartz-IV-Gesetze) der Anteil der dauerhaft Reichen wieder gestiegen, der Anteil der Haushalte mit mittleren Einkommen aber gesunken. Dem Verteilungsbericht nach lebten 1991 gut elf Prozent aller Personen hierzulande in armen Haushalten, 2015 seien es knapp 17 Prozent gewesen.“

Aber hey: Über 80 Prozent der Wähler würden genau die Parteien, die dafür verantwortlich sind, jubelnd wiederwählen. Es muss Spass machen, eine solche Bevölkerung zu regieren.

Bundesregierung „spart“ jährlich 25 Milliarden durch Herunterrechnen der HartzIV-Sätze
Auch die öffentlich-rechten Staatssender können die Schere zwischen Arm und Reich kaum noch im Sinne der Herrschenden zu vertuschen.

Und nur nochmal zur Erinnerung: Der kleingerechnete Hartz4-Satz betrifft uns alle! Läge der Regelsatz auf einem menschenwürdigen Niveau, müsste auch der Mindestlohn entsprechend steigen. Auch die sogenannte Grundsicherung im Alter läge deutlich höher, weil sie sich an den Regelsätzen orientiert. Zudem müssten auch die Steuerfreibeträge deutlich angehoben werden, was sofort zu „mehr Netto vom Brutto“ führt. Und die Gegenfinanzierung müsste zwangsweise bei Millionären ein Milliardären eingetrieben werden, weil der Regelsatz die Menschenwürde nicht unterschreiten darf. Zumindest wenn wir ein Bundesverfassungsgericht hätten, welches auch auf dem Boden des Grundgesetzes und der Menschenwürde Artikel 1 stehen würde.

Diesen Zusammenhang aber einem typischen Deutschen zu erklären, der lautstark „für solche muss ich mitarbeiten“ poltert, erscheint nahezu aussichtslos. Denn aus dem Mittelalter, in dem das Prinzip von „Teile und Herrsche“ erfunden wurde, hat sich der Deutsche intellektuell noch keinen Millimeter weiter entwickelt.

Verstoß gegen Menschenrecht: UN verurteilt Hartz IV-Gesetze
„Fünf Euro am Tag für die Ernährung, ein Euro täglich für die Mobilität und nur ein Euro pro Monat für die Bildung – der Sozialausschuss am UN-Hochkommissariat für Menschenrechte kritisiert, dass das Niveau der Grundsicherung – also u.a. Hartz IV – keinen angemessenen Lebensstandard erlaube. Der Ausschuss empfiehlt eine Erhöhung der Grundsicherung durch eine Verbesserung der Berechnungsmethode. Daneben fordert er u.a. die Überprüfung der Sanktionspraxis in den Jobcentern. Erhöht werden müssten auch die Mietsätze, um den hohen Preisen am Wohnungsmarkt zu entsprechen. Zudem sollten arme Haushalte vor Stromsperrungen geschützt werden“, berichtet der FREITAG.

„Das hat gesessen“, jubelt der dortige Tintenknecht sogar

Die Realität hingegen ist jedoch: CDU/CSU und SPD interessieren sich für die Berichte und Kritiken der Vereinten Nationen allerdings nur dann, wenn man es gegen die „bösen Russen“ verwenden kann. Wenn man selber an Kriegsverbrechen und/oder Menschenrechtsverletzungen beteiligt ist, lässt man ebenso routiniert wie skrupellos sämtliche UN-Berichte an sich abprallen.

Und das Beste: Unsere stets kritische und seriöse Qualitätsjournaille berichtet „wie befohlen“ dann ebenfalls mit keiner einzigen Silbe über diese politisch gewollten Menschenrechtsverletzungen.

Einzig und allein RT Deutsch berichtet und schickt sogar einen eigenen Journalisten in die Bundespressekonferenz, um dort die dementsprechend unbequemen Fragen zu stellen. Aber hey: Genau wegen dieser kritischen Berichterstattung wird RT Deutsch ja auch von unserer Qualitätsjournaille als „Putins Propaganda-Kanal“ beschimpft

Sachsen-Anhalt will Lehrermangel mit schlecht bezahlter Mehrarbeit begegnen
Als Vorbild für diese Art des Kampfes gegen den Fachkräftemangel steht der Bundesgesundheitsminister Spahn (CDU), der ja ebenfalls verkündete, dass der Pflegemangel mit ein paar Überstunden behoben wäre. Diese Idee wurde nun lachend von CDU, SPD und GRÜNE aufgegriffen. 80 Überstunden sind quasi ohnehin Pflicht für jeden Lehrer. Bezahlt wird aber natürlich nur jede Überstunde oberhalb dieser 80 Stunden, wofür Schwarzrotgrün knapp 1,2 Millionen Euro bereitstellt. Obwohl die Lehrer schon seit Jahren über 200.000 Überstunden unvergütet vor sich herschieben und trotzdem 10 Prozent des Unterrichts ausfallen muss, weil Lehrer fehlen.

Und noch etwas: Über die Anzahl der Lehrkräfte und ihre Ausstattung zu diskutieren, ist richtig und wichtig. Auf der Strecke bleibt dabei aber die Diskussion über die Lerninhalte – nämlich der alternativlosen Kapitalismuserziehung, wie sie seit Kriegsende ununterbrochen indoktriniert wird.

Dänemark: Wo Pflegenotstand ein Fremdwort ist
Genauso, wie man bei der Rente vom „Modell Österreich“ lernen könnte, kann man beispielsweise bei der Altenpflege vom „Modell Dänemark“ lernen. Der Deutschlandfunk berichtet: „In Dänemark bekommt jeder ab dem Alter von 75 Jahren einen sogenannten „vorbeugenden Besuch“ von einem kommunalen Gutachter. Stellt dieser fest, dass die Person Pflege oder praktische Hilfe braucht, bekommt sie die entsprechenden Leistungen gratis zugeteilt. „Das wurde Ende der 80er-Jahre eingeführt. Wir stellten fest, dass es teuer war mit so vielen im Altersheim, also weiteten wir die mobile Altenpflege aus, damit mehr Menschen zu Hause Hilfe bekommen konnten. Damals führten wir auch das Prinzip ein, dass die Älteren so viel wie möglich selbst bewältigen sollen.“ Etwa 10 bis 12 Wochen lang hilft dann ein Physio- oder Ergotherapeut den Alten, besser im Alltag zurechtzukommen: zum Beispiel selber aus dem Bett zu kommen oder sich selbst Essen zu kochen. In Kopenhagen geht man davon aus, dass 80 Prozent aller, die Pflege beantragen, mit einem Rehabilitationsverlauf besser bedient wären.“

Sozialdemokrat und Wirtschaftsfreund: Olaf Scholz bremst EU-Digitalsteuer
„Seit Monaten ringen die EU-Staaten um eine gemeinsame Position zu einer Digitalsteuer für große Tech-Konzerne wie Google und Facebook. Doch Deutschland torpediert eine Lösung. Bei einer Ratssitzung in Brüssel erteilte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) heute dem Drängen einiger EU-Staaten auf eine Einigung bis Jahresende eine Absage. Sein Argument: Das könnte der Wirtschaft schaden.“

Seht ihr: Da ist sie, die SPD-Erneuerung, über die sie ständig reden

Halb versteckte Anzeichen für die Barbarisierung in der deutschen Gesellschaft
„Ende September dieses Jahres berichtete „Frontal 21“, dass offenbar ein V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes im Sommer 2015 einem damals 16-Jährigen die Reise nach Syrien zum IS finanziert hat. Flugticket und Geld waren vorhanden, der V-Mann brachte den Jugendlichen sogar zum Flughafen Tegel. Erst an der syrischen Grenze würde der Möchtegern-Gotteskrieger von den türkischen Behörden geschnappt und nach Berlin abgeschoben. Über den V-Mann hat er heute folgende Meinung: „Er schickt Jugendliche, Kinder in den Tod. Ich weiß nicht, ob er weiß, was es heißt, wenn eine Mutter oder ein Vater ein Kind verliert. Das ist unmenschlich und kriminell, was er gemacht hat.“ Danach ging diese Meldung in einem Meer von journalistischer Gleichgültigkeit unter.

Erinnern sie sich noch an Chemnitz? Die Stadt, in der Anfang September Leute durch die Straßen gejagt wurden, die nicht deutsch genug aussahen. Da brauchte es doch nur ein Konzert mit den Toten Hosen, damit alles wieder gut wurde, oder? Nein, leider nicht. Jetzt ist wöchentlich Jagdzeit. Die Ausschreitungen und Übergriffe sind besonders aggressiv an den Freitagen, an denen „Pro Chemnitz“ demonstriert. Ansonsten hat es vier heftigere Attacken auf migrantische Restaurants gegeben, darunter ein Brandanschlag und ein Fall, in dem ein iranischer Wirt ins Krankenhaus geprügelt wurde.

Die Barbarisierung einer Gesellschaft ist in der Regel ein schleichender Prozess, der große Knall kommt nicht einfach so“, berichtet TELEPOLIS und verweist auf Geheimdienste ausser Kontrolle, den rechten Arm „besorgter Bürger“ in den Parlamenten und der um sich greifenden Enthemmung bei der Abwertung von Menschenleben.

Maaßen: Ein Rechtsextremer an der Spitze des Verfassungsschutzes
„Maaßens Ablösung und die gespielte Empörung, mit der einige Politiker aus dem Regierungs- und Oppositionslager auf seine jüngsten Äußerungen reagiert haben, dienen vor allem dazu, die Spuren zu verwischen. Maaßens rechte Ansichten waren nicht nur bestens bekannt, sondern auch erwünscht. Er hatte die Aufgabe, der rechten Politik der AfD den Boden zu bereiten, um die unsoziale und militaristische Politik der Regierung gegen den wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse und der Jugend durchzusetzen. Eine rechte Figur wie Maaßen konnte sich nur sechseinhalb Jahre lang an der Spitze des Verfassungsschutzes halten, weil er sowohl im Geheimdienst selbst als auch in der Politik breite Unterstützung hatte.

Auch jetzt fordert keine Partei, dass der Verfassungsschutz aufgelöst oder wenigstens gründlich ausgemistet wird, obwohl nicht nur Maaßen, sondern auch viele seiner Mitarbeiter der AfD politisch nahe stehen und der Verfassungsschutz die Neonazi-Szene über V-Leute steuert und finanziert. Stattdessen sind alle Parteien darauf bedacht, die Kontinuität zu wahren und Maaßens Kurs auch ohne diesen fortzusetzen. Der GRÜNEN-Abgeordnete Konstantin von Notz lobte dem Maaßen-Nachfolger Haldenwang in den höchsten Tönen. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit“, sagte er. „Ich wünsche dem neuen Präsidenten eine gute Hand, die Dinge entschlossen anzugehen und verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen.“ Weiterlesen…

Bayern: 100 Jahre Freistaat – 100 Jahre Nazi-Hochburg
Ein bisschen Geschichtsunterricht gefällig?

Und zu guter Letzt:

Rückkehr zur Sacharbeit

Ein Gedanke zu „Aufgelesen und kommentiert 2018-11-06“

  1. >>Diesen Zusammenhang aber einem typischen Deutschen zu erklären, der lautstark „für solche muss ich mitarbeiten“ poltert, erscheint nahezu aussichtslos. Denn aus dem Mittelalter, in dem das Prinzip von „Teile und Herrsche“ erfunden wurde, hat sich der Deutsche intellektuell noch keinen Millimeter weiter entwickelt.<<

    Doch! Hat er! Nur in die andere Richtung! Degeneration nennt sich das.

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