Aufgelesen und kommentiert 2018-11-05

/ Milliardenpaket für Familien – wer wird wirklich entlastet?
/ Kurzreportage: Über 30 Jahre Fachkräftemangel-Propaganda
/ Kapitalistisches Gesundheitssystem: Der marktgerechte Patient
/ Wie eng die Bande zwischen Politik und Wirtschaftsprüfern sind
/ Ein Jahr Paradise Papers: Der Steuerdiebstahl geht ungebremst weiter
/ Wahlkampf gegen eine Merz-CDU könnte die SPD wieder auf Trab bringen
/ SPD unterstützt Rechtsruck der CDU
/ Kramp-Karrenbauer warnt vor sozialem Sprengsatz
/ Atomkraftgegner findet vorgefertigtes Urteil in Prozessakte
/ Klimapolitischer Schwindel für Fortgeschrittene
/ Ökostrom-Anteil klettert auf 38 Prozent
/ Trump Idiot, Welt in Gefahr, Klima krepiert
/ Überfällig: Seehofer schickt Maaßen in einstweiligen Ruhestand
/ Veröffentlichung im Volltext: Das AfD-interne Gutachten zur eigenen Verfassungsfeindlichkeit
/ Landeskriminalamt NRW schreddert »Feindeslisten« faschistischer Terrorgruppen
/ Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
/ Vielen Dank für eure Kommentare

Milliardenpaket für Familien – wer wird wirklich entlastet?
Ihr werdet es nicht glauben, aber genau diejenigen, die heute schon in Armut leben müssen, profitieren natürlich NICHT. Kindergeld wird vom Regelsatz komplett wieder abgezogen, Ein Unterhaltsvorschuss ebenfalls – und höhere Kinderfreibeträge lohnen sich ohnehin nur für Besserverdiener.

Aber hey: Dieses dicke Familienpaket gehört bestimmt zu dieser SPD-Erneuerung, über die sie ständig reden

Kurzreportage: Über 30 Jahre Fachkräftemangel-Propaganda
Und der Lacher ist ja, dass die Konzernlobby-Kloppertruppen sich inzwischen sogar schon gegenseitig in ihrer Propganda überbieten. Über 1,6 Millionen fehlende Fachkräfte, wie es der DIHK derzeit trompetet? Kein Problem, das toppt die Prognos-Klitsche locker und schwadroniert von 3,6 Millionen fehlenden Fachkräften bis 2040.

Nur ein flüchtiger Blick auf die Lohnentwicklung dieser seltenen und somit begehrten Spezie „Fachkraft“ zeigt hingegen: Sie „steigen“ um atemberaubende 0,7 Prozent im Jahr

Kapitalistisches Gesundheitssystem: Der marktgerechte Patient
„Ärzte definieren Patienten praktisch nur noch durch ihre Krankheit, die mit einer feststehenden „Fallpauschale“ in einen optimierten Arbeitsablauf eingetaktet wird, der dem „Unternehmen Krankenhaus“ zudem noch Gewinn bringen muss. Krankenhäuser werden nicht mehr von Chefärzten, sondern Wirtschaftsmanagern geleitet und verbuchen alle Komplikationen oder zusätzlichen Bedürfnisse von Patienten als Störgrößen.

Zu den Opfern dieses Rendite-Drucks gehört aber auch das chronisch überlastete Personal. So muss man erst einmal erkennen, wie verlogen Jens Spahns Zusage zur Schaffung von 13.000 neuen Pflegestellen ist, weil er in dieser Zusage verschweigt, dass in den letzten 15 Jahren 50.000 Stellen gestrichen wurden.

Sogar die öffentlich-rechtlichen Medien zeigen die unhaltbaren Zustände in unseren Gesundheitseinrichtungen inzwischen ganz unverhüllt. Doch gehen die Berichte selten über eine Betroffenheitsprosa hinaus.“ Weiterlesen…

Wie eng die Bande zwischen Politik und Wirtschaftsprüfern sind
„Die vier großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen (KPMG, Deloitte, PWC, EY) helfen Konzernen, Steuern zu sparen. Das hindert die Regierung nicht daran, sie ebenfalls anzuheuern“, berichtet der Tagesspiegel – und glaubt damit wahrscheinlich sogar, eine empörende Enthüllung veröffentlicht zu haben

Daher nochmal für alle Qualitätsjournalisten: Wir leben im Kapitalismus!

Wir werden regiert von kapitalistischen Parteien, die ihre Befehle von kapitalistischen Konzernen erhalten. Und das oberste Gebot im Kapitalismus heisst Profit. Von der Vermehrung von Profit ist selbst dann nicht abzuweichen, wenn Frieden zu beenden, Umwelt zu zerstören und Menschenrechte zu missachten sind. Also scharen kapitalistische Parteien alles um sich, um bei der Vermehrung von Profit helfen zu können. Dazu gehören Konzernmanager und deren Lobbytruppen, wie auch Gewerkschaftsbonzen (zur Kontrolle der Arbeiterklasse) und sich selbst als „Linke“ bezeichnende Parteien (siehe z.B. Regierungsarbeit von Rot-Rot in Berlin).

Das alles bewegt sich komplett innerhalb der kapitalistischen Profitlogik.

Wenn also die Politik „ganz eng“ mit Wirtschaftsprüfern dealt, dann ist dies genauso kapitalistische Logik, wie die Gesetze zur sogenannten „Bankenrettung“ von den Finanzlobbyisten schreiben zu lassen. Und wenn eine Gewerkschaft eine Massenentlassung nur mit einem sogenannten „Sozialplan“ gegen die Beschäftigten durchdrücken kann, dann wird eben dieser lachend bezahlt, damit anschliessend das reibungslose Profitscheffeln endlich weitergehen kann.

Eine sensationelle Enthüllung wäre es gewesen, wenn eine kapitalistische Regierung sich Tipps von Marxisten und Antikapitalisten einholen würde, um die Machtverhältnisse von den wenigen Schwerreichen hin zu den Händen der Arbeiterklasse zu überführen. Aber kapitalistische Parteien, bei denen die kapitalistische Lobby ein und aus geht? Das ist keine Enthüllung, sondern genau deren Aufgabe. Genauer gesagt sogar deren einzige Aufgabe.

Ein Jahr Paradise Papers: Der Steuerdiebstahl geht ungebremst weiter
Es hat aber doch hoffentlich niemand erwartet, dass ein Bundesfinanzminister Scholz (SPD) sich gegen die Steuerhinterziehungssysteme der Schwerreichen einsetzt, oder?

Im Wahlkampf, auf dem Parteitag und auch im Ortsverein wird bei der SPD sicherlich oft und gerne geschimpft. Reale Taten hingegen folgen aber natürlich nicht. Man ist ja schliesslich Sozialdemokrat – und kein Linker.

Wahlkampf gegen eine Merz-CDU könnte die SPD wieder auf Trab bringen
Das meint zumindest der FREITAG. Ich hingegen sage: Die SPD wurde als Oppositionspartei auch unter einer schwarz-gelben Bundesregierung mit Westerwelle, Brüderle und Niebel – inklusive Pofalla, Kristina Schröder und Guttenberg – nicht wieder „auf Trab“ gebracht.

SPD unterstützt Rechtsruck der CDU
Die SPD setzt darauf, dass ein möglichst rechter Kandidat Parteivorsitzender der CDU wird. Ein Rechtsruck der Union, so ihre Argumentation, werde der SPD den nötigen Spielraum verschaffen, um sich zu regenerieren und wieder Unterstützung zu gewinnen.

Der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert bezeichnet Angela Merkels Rückzug vom CDU-Vorsitz als Chance für die SPD. Viele Menschen hätten in den letzten Jahren das Gefühl gehabt, Union und SPD seien zwei Flügel einer Partei, die von Merkel moderiert werde, sagte er im ARD-Morgenmagazin. Deshalb favorisiere er als Nachfolger einen konservativen Kandidaten. „Selbst wenn wir unser Programm gar nicht verändern, sehen wir dann wieder sozialdemokratisch aus.“

Kramp-Karrenbauer warnt vor sozialem Sprengsatz
CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer hat das Armutsproblem in Deutschland als sozialen Sprengsatz bezeichnet. Man dürfe sich nicht damit abfinden, dass Kinder ausgegrenzt würden und allein in Deutschland mehr als 15 Millionen Menschen von Armut bedroht sind.

In weiteren Meldungen: Uli Hoeneß warnt vor Habgier und Steuerbetrug: „Gefährdet Rechtsempfinden und gesellschaftlichen Zusammenhalt“ ++++ Volkswagen warnt vor Abgasbelastungen: „In Ballungsgebieten ist die Gesundheit gefährdet“ ++++ Verfassungsschutz warnt vor Rechtsentwicklung: „Der wahre Feind ist die kapitalistische Ausbeutung“ ++++ RWE warnt vor Klimaveränderungen: „Jeder gerodete Wald ist einer zu viel“ ++++ Innenminister warnen vor zu viel Überwachung: „Immer schärfere Gesetze führen in den Polizeistaat“ ++++ Horst Seehofer warnt vor Fremdenfeindlichkeit: „Geflüchteten Menschen muss man helfen, nicht verhetzen“ ++++ ARD und ZDF warnen vor einseitiger Berichterstattung: „Dürfen nicht nur Sprachrohr der NATO sein“ ++++

Atomkraftgegner findet vorgefertigtes Urteil in Prozessakte
Wohlgemerkt: Obwohl der Gerichtsprozess noch gar nicht stattgefunden hat und man lediglich um Akteneinsicht bat, bekam man das bereits mit der Politik und Atomkonzernen abgestimmte Urteil zugeschickt. „Ein Versehen“, wie man einräumen musste. Zitat: „Bei Durchsicht der Unterlagen fand ich unter anderem einen exakten Ablaufplan für meinen Prozess“, berichtet der Angeklagte. In diesem Ablaufplan seien zwar noch Lücken zum Ausfüllen gewesen, etwa für Notizen zum Plädoyer. Das Urteil sei jedoch mit „Nötigung in Tateinheit mit Störung öffentlicher Betriebe“ bereits ausgefüllt. Auf der nächsten Seite das handschriftliche Konzept für die passende Urteilsbegründung. „Alles geschrieben, bevor die Beweisaufnahme überhaupt begonnen hat“, empört sich der Angeklagte. „Schwarz auf weiß steht hier also in den Unterlagen schon, dass ich verurteilt werden soll.“

Und wer jetzt denkt, dass solch ein Showprozess mit einem Antrag auf Befangenheit vor einem anderen Richter neu gestartet werden muss, hat sich noch nie in den Mühlen unserer Klassenjustiz befunden. Denn natürlich wurde der Befangenheitsantrag lachend abgelehnt. „Nur weil der Richter bereits sein Urteil gefällt hat, noch bevor Aussagen und Beweise vorgelegt wurden, heisst das noch lange nicht, dass er diesen Prozess nicht rechtsstaatlich in genau diese Richtung gebeugt bekommt“, so das Motto.

Klimapolitischer Schwindel für Fortgeschrittene
Ich hab es ja auch schon mehrmals beschrieben, mit welcher Maximallautstärke unsere Qualitätspresse empört gegen Trump schimpfte, als er das Pariser Klimaabkommen zerriss – und mit welch vergleichsweisem Schweigen das Überschreiten sämtlicher Klimaziele durch die deutsche „Klimakanzlerin“ begleitet. Jetzt hat TELEPOLIS nochmal ausführlich zusammengetragen, wie unter Kanzlerin Angela Merkel das Klima effizient ruiniert werden konnte, ohne dafür öffentlich verantwortlich gemacht zu werden.

„Letztendlich unterscheidet sich die Klimapolitik Merkels kaum von derjenigen Trumps – mit dem Unterschied, dass die Kanzlerin nicht so dumm ist, dieses, angereichert durch absurde Klimaleugnung, in alle Welt hinauszuposaunen. Man kann das Klima auch ruinieren, ohne den Klimawandel zu leugnen. Denn ganz im Gegensatz zur Berliner Polit-PR ist die Bundesrepublik tatsächlich einer der größten Klimasünder Europas.“ Weiterlesen…

Sehr lesenswerter Schlussabsatz übrigens auch für alle Gewerkschafter, die sich inzwischen als grösste Anti-Umwelt-Bewegung etablieren.

Ökostrom-Anteil klettert auf 38 Prozent
Durchaus beeindruckend, wenn man bedenkt, dass es vor 20 Jahren noch Qualitätsjournalisten und Politmarionetten gab, die selbst 10 Prozent für unerreichbar hielten.

Trump Idiot, Welt in Gefahr, Klima krepiert
Thomas Fischer rechnet mit der deutschen Qualitätspresse ab

Überfällig: Seehofer schickt Maaßen in einstweiligen Ruhestand
Jetzt war der Quasifaschist Maaßen doch nicht mehr zu halten, als er die SPD (!) als eine „von linksradikalen Kräften“ unterwandert Partei bezeichnete, die den Bruch der Groko provozieren.

Die SPD und linksradikal Das letzte Mal, als die SPD so bezeichnet wurde, war im Jahr 1933. Und welche Gesinnungsgenossen von Herrn Maaßen das damals waren, lernt jedes Kind in der Schule. Soviel nur mal so am Rande zum politischen Standpunkt, den der oberste (!) Präsident einer Staatsbehörde in sich trägt, die (zumindest auf dem Papier) für den Schutz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zuständig sein soll – aber ganz real (und völlig überraschend ) mit unserem Steuergeld rechtsextreme Hochburgen aufbaut.

Aber aufgepasst: Maaßen ist noch längst nicht fertig mit seinem Werk. Zitat: „Maaßen hat allerdings bereits gesagt, dass er sich eine Position in der Politik oder in der Wirtschaft sehr gut vorstellen könne.“ Ob er also als Abgeordneter bei seiner AfD wieder auftaucht, wird sich zeigen.

Veröffentlichung im Volltext: Das AfD-interne Gutachten zur eigenen Verfassungsfeindlichkeit
Muss der Verfassungsschutz die AfD beobachten, weil die Partei verfassungsfeindlich ist? Ein Gutachten gibt der AfD Tipps, wie sie das vermeiden könnte. Vergleicht man die Empfehlungen mit der Realität, fällt auf: Viel würde von der Partei nicht übrig bleiben. Wohlgemerkt: Sogar nach den Kriterien des rechtssympathisierenden Verfassungsschutzes, der noch nicht einmal die Morde des NSU für eine Straftat hielt, sondern dieses Nazi-Netzwerk vor polizeilichen Ermittlungen schützte.

Landeskriminalamt NRW schreddert »Feindeslisten« faschistischer Terrorgruppen
Statt konkreten Straftaten nachzugehen, wird seitens unserer „Sicherheitsbehörden“ lieber geschreddert. Deutschland ist schliesslich ein RECHTSstaat. Und das soll auch so bleiben.

Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Sind ein paar gute Sätze dabei

Und zu guter Letzt:

Vielen Dank für eure Kommentare

3 Gedanken zu „Aufgelesen und kommentiert 2018-11-05“

  1. Wir haben in Deutschland keinen Fachkräftemangel, haben aber Arbeit genug, die keiner mehr existenzsichernd bezahlen will. Die verbliebene Mittelschicht, die so genannten Babyboomer, die noch nicht Hartz IV erleben durften, gehen bald alle in Rente, und? Wer führt dann den Deutschlandladen fort? Na? In the moment versuchen noch alle nicht Abgehängten ihren eigenen Arsch durchzubringen und ihre wohl verdiente Rente oder Armutsrente zu erreichen, bis es dann knallt. Dann ist auch hier Ende im Gelände mit dem Auflesen und Kommentieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert